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Archive for the ‘中文’ Category

Chinesisch lernen ist fantastisch.
Um nicht ekstatisch zu werden, bremse ich mich an dieser Stelle und möchte gerne stattdessen folgenden Artikel von dem Blog Laowai Chinese vorstellen.

In diesem Artikel wird gut zusammengefasst, welche Vorzüge und Fallstricke das Lernen dieser Sprache bereit hält. Lesenswert!

http://laowaichinese.net/how-hard-is-chinese-to-learn-really.htm

Wiedererkannt,
柏逸 / Paul

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Erfahrungsbericht

National Taiwan University (NTU) in Taipeh, Taiwan

E-Mail: jpkupser@webmail.tu-berlin.de

Studiengang: Wirtschaftsingenieurwesen (Maschinenwesen)

Studienjahr: 5. Jahr (Diplom, Hauptstudium)

Dauer des Auslandsaufenthaltes: 2 Semester

 

Studenten, die mit dem Gedanken spielen an der National Taiwan University (NTU) in Taipeh zu studieren, soll dieser Erfahrungsbericht eine kleine Entscheidungshilfe bieten. Und hoffentlich einen Schubser in Richtung “Ich bewerbe mich, um ein außergewöhnliches Land kennen zu lernen!”.
Zwar bezieht sich vieles auf das Austauschprogramm mit der TU Berlin, doch viele Tipps sind allgemein gültig. Dieser Guide soll einige Hinweise zum Leben vor Ort, dem Unialltag und dem Chinesisch lernen geben.
Ich hoffe, es hilft!

Also, warum nun eigentlich ich nach Taiwan?

Ich sollte vielleicht besser erst die Frage stellen, warum eigentlich Asien?

Asien! Asien ist exotisch. Konfuzius! Sauer-Scharf-Suppe! (oder oft nur „Suppe Nummer drei“) Sprache, die wir gerne scherzhaft mit „Ching-Chang-Chung“ charakterisieren. Stäbchen statt Gabel (so ein Käse!). Kung-Fu. Prenzlberg-Hipster, die sich für Yoga und Tai-Chi anmelden. Filme mit Jackie Chan.
Wir kaufen Ratgeber, um unsere Wohnung nach „Feng Shui“ einzurichten und wissen dabei eigentlich gar nicht, was das bedeutet. Asiatisch ist irgendwie fashionable. Vegetarier unter uns knabbern schelmisch an Tofubratwurst. Danke, Asien! Und die Tagesschau berichtet wieder und wieder über neue Wachstumsrekorde von Chinas Wirtschaft.
Sowie über die Selbstmordserien bei Foxconn – übrigens eine taiwanische Firma. (Verzeihung, vielleicht nicht der positivste Einstieg.)

Asien! Das sind doch vor allem Japan, China und Korea. Diese Länder sind beliebt für ein Auslandssemester, da sie poshe Universitäten bieten und insbesondere kulturell ein bestimmtes Bild im Kopf hervorrufen (für einige vielleicht: Mangas & Sushi, Große Mauer & Mao, Kimchi & plastische Chirurgie).

Aber Taiwan? Was verbindet man mit Taiwan? (mehr …)

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我的台灣生活

大家好!

(一) 來台灣以前

我聽說過台灣,可是我沒有真的很知道在哪裡,只知道台灣跟中國有問題。等一下,台灣是不是中國?在柏林我已經有台灣朋友,他們告訴我其實台灣很好玩,還有台灣人都很好。因為我的台灣朋友都是很好的人所以我相信他們。爲什麽我想來台灣?我很想去亞洲,因為我以前去過越南,泰國。而且我一直想學中文,這樣我可以跟很多人聊天。中國的政府聽起來不太好玩,所以我決定去台灣。

(二) 剛來台灣的時候

我覺得最不習慣的事情是我一個人不會點菜,還有每一個菜吃起來都非常甜。我覺得台北的空氣污染真的是一個很大的問題,我不喜歡。釣蝦是我第一次在台灣做的事。而且我兩個鐘頭只釣兩個蝦子。

(三) 在台灣的生活…

我的早餐平常是一杯豆漿。我跟學校附近的一個婆婆賣豆漿。他差不多八十歲。我的午餐,晚餐每天都不一樣。我非常喜歡試試看新的地方。我最喜歡宮保雞丁,還有拉麵,炸醬麵。我不太常去夜市因為我覺得很多夜市差不多都一樣。德國沒有夜市。我最喜歡去夜市看台灣人排隊,因為他們聽說這個食物非常有名所以他們排隊。

晚上我常常在宿舍跟我的朋友聊天或是一起念書。我的最好的朋友是交換學生,還有台灣人。在台灣我已經去了很多城市,比如說台中,台南,墾丁,台東,花蓮,宜蘭。我覺得花蓮跟宜蘭是最漂亮的地方。好看,好香,好玩!在台灣最深刻的印象是有很多很多很多不一樣的食物,還有台灣人都很溫暖。

(四) 跟你的國家比起來,台灣有什麽一樣或是不一樣的地方?

跟德國台灣完全不一樣。德國沒有攤販,在德國我平常一個人自己做飯,不一定做炒飯,常常做意大利菜,比如說義大利面,沙拉,還有東西跟起司。順便說,因為台灣沒有起司所以我特別想吃起司。(我覺得應該是因為台灣的天氣對牛太熱,糟糕。)在德國幾乎沒有摩托車,還有捷運比台灣髒很多。所以我真喜歡台北的捷運,很方便!台灣夏天的天氣太熱,很潮濕,可是去年冬天超級冷。我不知道爲什麽我的宿舍沒有暖氣機。。
台大老師跟我國家的大學老師的上課方式也不一樣。台大好像中學,很多報告,小的考試等等。可是台大的老師比較認真。我覺得在台大學生學比較多。

(五) 快要回去了…

雖然我其實不太想回去,可是我很想我的家人,好朋友,還有在柏林的菜跟柏林藍色的天空。如果我回去了,我覺得我會最想念我的台灣朋友,台灣的菜,交換學生的生活。
我覺得這學期我的中文進步了,大概說的部份最多。我寫的還很爛,我也還不知道很多字。
我回去的時候一定要繼續學中文。

謝謝你們,

柏逸

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6. Juni 2011, Taipeh. Verschwitzt erhebe ich mich langsam, ich trage ein Lächeln im Gesicht. Es ist das Lächeln des Sieges. Ich blinzele. Die Sonne brennt sich durch die schwere Decke aus Smog der Mopeds und Dunst der schwitzenden Bevölkerung Taipehs. Ein erschöpfter Schmetterling lässt sich im Schatten eines Pudels nieder. Es folgt eine Durchsage: Niemand solle in der Sonne Fußball spielen, es sei zu gefährlich. Wir oft wir Menschen doch dem Darwin einen Strich durch die Rechnung machen.

Ein fulminanter Wettkampf, zehn Hühnereier müssen stehen, zehn Männer stehen, zur Verfügung. Dramatische Szenen spielen sich ab, hin und wieder geht ein Raunen durch die Menge, wenn wieder mal ein Ei das Gleichgewicht verliert und eine erbarmungslose Kettenreaktion die Emotionen der Massen zum explodieren bringt. Kurzum, wir siegen, und die hechelnden Reporter kommen, sie fragen mich:

“War es das erste Mal, dass Sie ein Ei zu dieser Festivität aufgestellt haben?”

Ja, es war mein erstes Mal.

“Was denken Sie, was war die Schwierigkeit, die damit verbunden war, ihr Ei aufzurichten?”

Es ist rund.

“Und, so sagen Sie doch, wie hat es sich gefühlt, als ihr Ei schlussendlich stand?”

Es war der glücklichste Moment meines Lebens.

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Natürlich, ein Ausländer musste her fürs Interview. Klatschpresse. Quatschpresse. 三八

Der TV-Sender des Reporters, der mit mir dieses eloquente Interview beim Drachenbootfest duan1wu3jie2 端午節 in Taipeh führte, hat auch eine besonders interessante Form des Wetterberichts zu bieten. Hier gibt es die Kollektion einer ganzen Woche.

Leider gibt es keine Erklärung, warum die Mädchen Japanisch reden. 超可愛哦!Japan ist halt cool in Taiwan.

Um Internationalität im international politisch isolierten Taiwan zu wahren, bietet NextTV auch Wetterbericht für die USA an:

(Übrigens, der Vatikan erkennt Taiwan als souveränen Staat an.)

Warum ich ein Ei zum stehen gebracht habe oder es konnte (und ich tat es nicht nur, weil ich es kann!), das erfahrt ihr nach dem nächsten Wettermädchen.

Besonnen,
柏逸/Paul

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Der Verzehr von Meeresgetier ist keine zimperliche Geschichte, wie ich bereits berichten konnte.

Als Einstimmung, lehnen wir uns doch ein wenig zurück und summen kindisch die fröhliche Melodie des folgenden Filmausschnittes, bevor wir uns einem kulturellen Erlebnis besonderer Art widmen.
(Der Eine oder Andere wird sich vielleicht sogar noch an den Namen der Krabbe (S…) oder der bösen Krake (U…) erinnern…)

Häufige Nennungen bei lokalen Abendbeschäftigungen in Taiwan sind oft der beliebte Afternoon-Tea oder die gemeinsame Nahrungsaufnahme in einem Hot-Pot-Restaurant (wie gerne möchte ich noch den Hot-Pot mit Cola als Fond ausprobieren…) oder der Nachtmarkt.
Natürlich, vergessen wir nicht die westliche quasi-Definition asiatischer Abendbeschäftigung:
K-TV. 卡拉OK. Karaoke.

Doch da gibt es noch etwas anderes. Insbesondere in Taiwan.
Es nennt sich 釣蝦 (diao4xia1). Shrimping!

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Tief in den Bergen von Yangmingshan, weit hinter dem Shilin-District Taipehs befindet sich eine Ansammlung von überdachten Anlagen, die nur aus einem Grunde gebaut wurden: Zynismus. (im Folgenden: “Shrimping”)

Wir Menschen sind schon grausame Geschöpfe. Wir bauen Schiffe, fahren aufs Meer, fangen kleine lustige Meereswesen namens “Shrimps”, züchten sie auf dem Festland und schmeißen sie anschließend wieder in Schwimmbecken, um sie wiederum zu angeln. Und dann gibt es Menschen, die dafür sogar bezahlen.

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Ich bin einer dieser Menschen.

Für 500 NTD, umgerechnet etwa 12€, darf ich zwei Stunden lang meine Angel in ein mit frisch gezüchteten Shrimps gefülltes Becken halten. Die einfache Angel mit zwei Haken ist generöserweise im Preis inbegriffen, dazu erhalte ich sogar so viele getrocknete Shrimp-Babys, wie ich möchte. Denn fingernagelgroße Kinder lassen sich ja bekanntlich bedenkenlos gut an ihre ahnungslosen Eltern verfüttern, oder?
Aber moralisch verwerflich sieht noch anders aus.

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Vielleicht haben sich hier früher Kinder mit Wasser bespritzt oder mit einem bunten Wasserball gespielt. Lachend. Das Lachen muss an diesen kahlen Wänden lustig zurückgehallt haben. Damals.
Heute befinden sich blaue Plastikstühle am Beckenrand. Auf ihnen sitzen Ältere und Jüngere, mit ihren Hunden und schlafenden Kleinkindern, rauchend, Bier trinkend, mit müden Blicken, bis spät nach Mitternacht.
Warum sie kommen, ist mir nicht genau klar.
Es ist nicht wirklich spannend (außer vielleicht, wenn ein Angestellter wieder eine neue Kiste mit frischen Shrimps ins Becken hineinschüttet).
Es ist nicht wirklich gemütlich (ich erwähnte bereits die Plastikstühle und kahlen Wände).
Es geht wirklich nicht ums Essen (warum, werden wir noch sehen).
Entspannung? Vielleicht eine verdeckte Partnerschaftsbörse? (wie so oft über K-TV-Boxen gemutmaßt wird)
Man weiß es nicht.

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Hat ein Elter eines seiner jüngeren Artgenossen mitsamt Haken verschluckt, versinkt der Schwimmer und man darf den Shrimp an Land ziehen. Sieht man das erste Mal einen Shrimp aus der Nähe wird einem klar:
Es gab Gründe, warum Pixar einen Clownfisch und nicht einen Shrimp entführen ließ. Nämlich aus gleichem Grund, warum Peter Jackson die Außerirdischen in District 9 nicht wie Clownfische, sondern wie Shrimps aussehen ließ.
Mit schnappenden Zuckbewegungen versucht sich das hilflose Geschöpf zu befreien. Die Füße bewegen sich tausendfüßlergleich in wellenartiger Bewegung. Die langen, bläulichen Scherenarme schneiden orientierungslos in der Luft. Was tun mit den Scherenarmen?

Natürlich, als Stadtkind,da ist man überfordert.
Ich lerne: Wir entreißen die Scherenarme. “Die spüren nichts, Shrimps haben keine Nerven.” Ob es dazu eine profunde Studie gab?
Dann kommen wir zum kompliziertesten Teil: Der Haken.
Wir halten den Shrimp am Kopf zwischen Daumen und Zeigefinger, mit der anderen Hand versuchen wir irgendwie die Wegstrecke des Hakens auf umgekehrten Weg zurückzuverfolgen. Eine Form von Reverse-Engineering sozusagen. Natürlich hat so ein Haken einen Widerhaken und natürlich muss auch mal das Messer zur Hilfe genommen werden.

Zwei Stunden. Zwei Shrimps. Und da wir sechs Personen und 12 gefangene Shrimps sind, haben wir bei unserer fairen Teilung zwei Shrimps pro Person.
Das macht auch 250 NTD pro Shrimp, etwa 6 €.

Wir waschen die Shrimps. Yuka verleugnet nicht gerade ihre Herkunft, als sie mit samuraiartiger Entschlossenheit und subtilen Geishalächeln die Holzspieße durch die Körper der lebendigen Shrimps jagt. Die panischen Armbewegungen der Aufgespießten lassen mich ein weiteres Mal an dem Fakt ihrer Nervenlosigkeit zweifeln.

Aber halt, wir hätten fast das Salz vergessen! Sicherlich wird es den Shrimps gefallen, wenn wir sie mit Salz überschütten während ein Holzspieß längs in ihrem Körper steckt!

Damit noch nicht genug, wir legen sie nun lebendig, aufgespießt und gesalzen in den glühenden Ofen. Anfangs hoffe ich, ihre Bewegungen seien nur die Überwindung des Temperaturunterschiedes. Manchmal bewegen sich ja Dinge, wenn man sie erwärmt, so wie Papier im Lagerfeuer.
Aber nein, ich sehe ihre Armbewegungen. Wir backen sie lebendig. Frischer geht’s nicht…
Um uns herum befinden sich andere Taiwaner und  Taiwanerinnen, niedlich geschminkte Mädchen, die mit High-Heels und puppenhaftem Augenaufschlag reuelos den Holzspieß in den Anus der armen Shrimpse jagen.

Es ist drei Uhr nachts, unsere gesalzten Freunde sind endlich zum Verzehr bereit.

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Zwei Personen, die nicht genannt werden möchten (oder sollten), waren in den zwei Stunden (!) nicht so erfolgreich…

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Zugegeben, sie haben gut geschmeckt, obschon ich mir sicher bin, ein Abend dieser Art wird eine singuläre Erscheinung meines Lebens bleiben.

Gewissenhaft,
柏逸/Paul

PS: Ich möchte an die 60 Slices Sashimi für 300 NTD (~7,50 €) aus Kenting erinnern…

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Ein haariger Beitrag wird das hier werden. Zur Einstimmung, vielleicht erst einmal das hier:

Ich darf behaupten, asiatische Männer gehören nicht zur haarigsten ethnischen Gruppe im internationalen Vergleich. Südeuropäer führen höchstwahrscheinlich die Spitzengruppe an oder vielleicht auch Lateinamerikaner, wobei ich mir da nicht so sicher bin. Die Tendenz hingegen ist eindeutig, asiatische Männer haben weniger Gesichtsbehaarung als zum Beispiel ein männlicher Durchschnittseuropäer. Meist beschränkt sich der Wuchs auf die Oberlippengegend und Kinn. Da erinnere ich mich doch gerne an Max Goldts “Bartschattenneid”. Aber das ist eine andere Geschichte.

Jedenfalls befand ich mich in geselliger Runde mit meiner Gruppe des NTU-Kochclubs in einem gehobenen chinesischen Restaurants im Da’An-District Taipehs. Gesellige Runde ist hier sogar wortwörtlich zu nehmen, da Gäste in derartigen Restaurants gerne an einem größeren Rundtisch platziert werden. In der Mitte des Tisches befindet sich eine erhöhte, konzentrisch angeordnete Drehplatte. In den Staaten wird dieses Instrument der geselligen Speisenrotation auch gerne als “Lazy Susan” tituliert. Ich schweife ab.

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Was hat das nun mit Haaren zu tun? Mein Sitznachbar unterhielt sich über seine schmerzhaften Erfahrungen der Gesichtshaarentfernung.
Augenbrauen zupfen scheint ja ein übergreifender Trend in der Männerwelt zu sein. Aber halt, es ging um die Barthaare.
Es sei doch so schmerzhaft, sich die Barthaare zu zupfen. “Moment Mal, du
z u p f s t dir deine Barthaare?”, entgegnete ich. Ja, denn das Rasieren möge er nicht so gerne und es sehe zudem reiner aus, wenn er sich das Barthaar zupfe. (Zu Schillers Zeiten wurde wahrscheinlich “züpfe” be…, äh, benützt.)

Haben Gillette und Wilkinson auf stylische Pinzetten für den asiatischen Markt diversifiziert? Ich werde in Zukunft mal darauf achten, noch scheint es mir entgangen zu sein.
Erstaunt berichtete ich einem koreanischen Freund, der sich dabei gerade eine Reiscreme-Gesichtsmaske auf dem Dach unseres Studentenwohnheims einmassierte.
Ob er das denn nicht seltsam finde, vielleicht sogar unmännlich. Ich vermutete, Korea habe vielleicht mit seinen zwei Jahren Militärdienstpflicht ein anderes Idealbild vom Mann, männlicher eben. Pro Jahr haben die Rekruten übrigens ganze 20 Tage Urlaub, am Wochenende darf keiner nach Hause. 24 Monate lang. Das erste halbe Jahr dürfen Rekruten niemals alleine sein. Sogar der Toilettengang wird in den ersten sechs Monaten von einem anderen Soldaten begleitet. Warum? Die Suizidrate sei relativ hoch. Von den 250 Neuanfängern meines koreanischen Kommilitonen haben sich zwei im ersten halben Jahr das Leben genommen. An der Nordkoreanischen Grenze sei der Druck sogar noch höher, verständlicherweise.
Er massierte mit kühlem Blick weiter die weiße Creme in sein Gesicht, die im Licht der lichtverschmutzten Wolkendecke Taipehs ganz gelblich wirkte.
Kein Verwunderung seinerseits, denn er zupfe sich sein Barthaar aus gleichem Grunde auch. Und überdies, die grün-braune Tarnfarbe während seiner Militärausbildung sei gar nicht gut für seine Gesichtshaut gewesen.

Zum Abschied erwähnt er noch scherzhaft, wie sehr er doch Gravitation hasse, sie ziehe die Gesichtshaut nach unten. Ich beobachte gespannt die kreisenden Finger in seinem Gesicht. Tatsächlich, er scheint wissend definitiv mehr Druck bei der Aufwärtsbewegung auszuüben.

Ich zupfe mein Barthaar trotzdem (noch) nicht. Das ist kein mangelnder Integrationswille, sondern Überzeugung, oder so was.

Dennoch, der Wuchs meines Haupthaares schreitet in normalem Tempo voran und wollte mal wieder geschnitten werden. Also auf zum Friseursalon, von denen es hunderttausende in Taipeh gibt, meist leicht versteckt in der zweiten Etage der grauen Häuserreihen, erreichbar durch eine enge Treppe zwischen schmalen Gässchen.

Obwohl ich wohlvorbereitet ein Selbstbildnis meines letzten, bei mir Zufriedenheit hervorrufenden Haarschnittes mitbrachte, wurde mir ein japanisches Fashion-Magazin mit einer Auswahl an Frisuren vorgelegt.
Das gleiche geschah auch schon beim letzten Mal, doch dieses Mal musste ich einfach ein paar Seiten abfotografieren.

Das Cover gibt eine gute Vorahnung der angestrebten Zielgruppe…

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…die Rückseite wäre da gar nicht mehr nötig gewesen, die Botschaft ist relativ klar. Es geht hier um einen Haarschnitt, oder?

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Ja, wie würde ich denn gerne aussehen… vielleicht wie Nummer 001? Mir fehlt die passende Sonnenbrille, glaube ich…

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Ein versteckter Warnhinweis: Der müde Blick des Models auf der linken Seite scheint zu implizieren, dass diese Frisur recht zeitaufwendig gewesen sein muss…

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Wenn mich nicht alles täuscht, haben diese hier doch bei den Kickers damals mitgespielt!

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Ich konnte mich bei dieser Auswahl gar nicht so recht entscheiden…

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…und beharrte (behaarte!) auf einem… für mich “normalen” Schnitt.

Beim Friseur in Taiwan gibt es sogar Fernseher und die Haarwäsche ist ein Erlebnis. Denn statt einer zarten Kopfmassage bestehend aus zärtlich-kreisenden Bewegungen der Fingerkuppen parfümierter Damen, gleicht die Haarwäsche eher einem groben Schrubben.
Die Friseurin scheint mit ihren Nägeln meine Kopfhaut erneuern zu wollen, es gleicht einer revitalisierenden Enthäutung meines Hauptes.
Auf und ab, auf und ab, und noch eine Schicht! Weg damit! Zum Glück werde ich nicht kahl rasiert, sonst würde meine gerötete Kopfhaut der UV-Strahlung schutzlos ausgesetzt sein. (Vielleicht ein weiterer Grund für den exzessiven Gebrauch von Sonnenschirmen in Asien.) Hinweg ihr Fleckenzwerge! Ich fühle mich, als entdecke meine Wäscherin immer wieder hartnäckigen Dreck zwischen meinen Haarwurzeln, wie als wären meine Haare doch nur Bettlaken und Spannbetttücher auf dem Waschbrette des nahe gelegenen Baches. Blütenweiß muss es werden, Kernseife kommt zum Einsatz, und sie muss ihr bestes geben.

Dabei sei erwähnt, dass Taiwaner panische Angst vor Regentropfen haben. Sobald es auch nur die ersten Tröpfchen wagen den Asphalt ein wenig zu verdunkeln, erblicke ich Gerenne zu den überdachten Gehwegen. Diejenigen, die zum Straßenwechsel gezwungen sind, schützen sich mit bloßen Händen, Bücher, Tageszeitungen. Ja, auch klassische Regenschirme sind dabei.
Warum das denn so sei, Regen sei doch etwas schönes…? Ich erinnere mich, wie wir zu Grundschulzeiten auf dem Berliner Schulhof mit offenen Mündern durstend die Tropfen fingen.
Und dann höre ich immer wieder das gleiche: Der Regen sei sauer, giftig, die Industrie! Fabriken! Schau dir doch die Häuser an! Der Regen, ach, und passiert es zu oft, die Haare fallen aus, ganz bestimmt.
Um ehrlich zu sein, ich habe keine erhöhte Glatzenquote bisher feststellen können. Und die zahllosen Straßenkatzen und –hunde scheinen auch normal behaart zu sein.

Zurück zum Thema, nach überraschend schnell vergehenden 40 Minuten ist es dann so weit, ich werde geföhnt. Zugegeben, das ist sensationell und ganz anders als sonst wo auf diesem Planeten.
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Es ist April, ich werde wahrscheinlich nur noch einmal die pflugartigen Nägel der Friseurinnen im Acker meiner Kopfhaut spüren dürfen. Darauf freue ich mich jetzt schon.

Ungezupft,
柏逸/Paul

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